Rennbericht Radmarathon Bad Reichenhall Wann: Sonntag, 12. Juni 2005, Start 7:30 Uhr Temperatur: 8 11°C, teilweise Regen Streckenlänge: 201 km (genau!!!) und 3.750 Höhenmeter Streckenprofil unter: http://radmarathon.com/images/bgl_strecke_a_gross.gifMein erstes “Radrennen” in den Bergen.... Anreise erfolgte bereits freitags via Schweiz, wo ich noch einen Kunden und einen unserer Lieferanten besuchte, um einen Tag Urlaub zu sparen....Untergebracht war ich bei meiner Freundin Angela, die 20 km von Bad Reichenhall lebt. Nach 1.100 km Autofahrt war ich entsprechend erledigt als ich Freitag abend endlich bei Ihr ankam. Freitag und Samstag war das Wetter recht angenehm, entgegen der Wettervorhersage... Sonntags sollte es eigentlich besser werden, aber es war mal wieder genau anders herum. Als ich Sonntags morgens aus dem Haus ging, regnete es. Ich war schon "recht gut gelaunt" und wollte am liebsten wieder ins warme Bettchen. Aber nein! Beim Ötzi kann es auch regnen und dann kann man sich hier schon mal gut darauf vorbereiten. Respekt hatte ich wohl vor den Bergabfahrten im Regen. Um halb sieben traf ich am Ort des Geschehens ein, wo es erstaunlicherweise trocken war... Startunterlagen hatte ich bereits am Vortag abgeholt. Dabei gab es u.a 3 Powerbars, 2 Powergels, 1 Radtrikot, 1 Radflasche und einiges mehr. Es gingen knapp 2.000 Teilnehmer auf die beiden angebotenen Strecken (die kürzere lief über 103 km und 1.750 HM). Gestartet wurde gemeinsam und getrennt wurde man bei Kilomter 40. Der Start verlief reibungslos und man konnte auch direkt losstürmen, wenn man wollte. Die ersten 10 Kilometer gings flach bzw. bergab bevor der erste Anstieg (zum Üben) kam. Ich fuhr da viel zu schnell hoch, überholte natürlich nur und war dann auch schon bald völlig am Ende. Puls über 180 und volle Atemnot. Ich fasste dann ganz schnell den Entschluß Tempo rauszunehmen und relativ locker die Berge hochzufahren, denn da solle ja noch einiges kommen. Als wir den Übungsberg hinter uns hatten, ging es wieder in wilder Hatz im großen Pulk mit hohem Tempo Richtung “Megaberg”. Da sollte es dann doch richtig zur Sache gehen. Es war immer noch relativ trocken, aber man sah vor lauter Wolken eigentlich nichts von dem wunderschönen Alpenpanorama. Es ging gleich mit richtig viel Steigung los, so dass ich auch gleich aufs 27iger Ritzel schalten musste. Nach ca. 3 Kilometer kamen wir dann auf die Alpenpassstr., die bis auf 1.600 Meter hochführte. Das erste Schild, das ich sah, wies 1.000 HM auf also noch 600 to go und da war ich schon mächtigst am schnaufen. Die Steigung war anfangs moderat wurde dann aber zwischendurch ziemlich heftig. Es fing dann auch an zu regnen. Irgendwann durchbrachen wir tatsächlich die Wolken und fuhren in die Sonne und konnten auch einige verschneite Berggipfel entdecken. Ich schätze, wir sind gut 10 Kilometer nur berghoch gefahren. Oben war dann eine sogenannte “Labestation”. Kurz anhalten, laben, und dann gings bergab. Das war eigentlich noch schlimmer als berghoch. Es regnete, die Strasse war kurvenreich und extrem steil. Wenn man rollen ließ, hatte man ganz schnell über 80 Stundenkilometer drauf. Aber dazu ließ ich es gar nicht kommen. Irgendwann dachte ich dann, mir fallen die Unterarme ab, weil die vom Bremsen total weh taten. Dazu kam die Eiskälte beim Bergabfahren, die mir überall hinkroch, vor allen Dingen in die Füsse, obwohl ich Überziehschuhe anhatte. Ich hab welche gesehen, die sind Barfuß gefahren!!!!!!!!! HAMMER!!!!!!!!!!! Dann gings zum GLück etwas weniger steil weiter ins Tal. Ich fand wieder eine Gruppe und wir fuhren recht zügig zusammen bis zum nächsten Anstieg. Ich bin auch mal vorne gefahren übrigens... Der dritte Berg war zwar nicht so lang dafür war der aber extrem steil und zwar durchgehend. Es gab nirgendwo mal eine Stelle, an der man sich mal etwas erholen konnte. Bei dem langen Berg bin ich zum Schluss dann auch nur noch zwischen 6 und 7 Stundenkilometern gefahren. Bei diesem fuhr ich von Anfang an nie schneller. Kopf nach unten, alles im Sitzen und bloss nicht zu weit nach vorne gucken. Ich bemerkte, dass einer aus der Gruppe nicht von mir wich und auf mich aufzupassen schien. Zuerst dachte ich, dass der auch nicht schneller kann. Das war übrigens auch einer ohne Socken.... Vor mir stieg dann tatsächlich einer ab und begann zu schieben. Ich hab gedacht, dass wahrscheinlich hinter mir jetzt alle schieben, denn noch langsamer als 6 Stundenkilometer geht doch gar nicht mehr. Dann fällt man doch um!!! Kurz vor der nächsten Labestation fragte mich der “Begleiter ohne Strümpfe”, ob ich dort halt machen wolle. Natürlich wollte ich... Aber dort gab es blöderweise gar nix zum Essen sondern nur Getränke. Aber mein Begleiter hatte eine Banane dabei, die er mir netterweise überlies. Von da ab hieß er “Bananenträger”...)))) Da waren wir bei ca. 90 Kilometern und 2.200 Höhenmetern angelangt!!! Das schlimmste war also hinter uns. Es kamen zwar noch einige Hügelchen, die dann auch mächtig steil waren aber nicht mehr so lang. Leider musste ich feststellen, dass ich bei den extrem steilen Anstiegen doch noch sehr schwach bin. Es haben mich recht viele überholt. Darunter auch 2 Frauen. Aber die bekam ich wieder ein... So ab Kilometer 110 wurde es dann eher wellig und man konnte wieder in Gruppe fahren. Wir fanden dann auch bald wieder eine, der wir uns anschließen konnten. Albert, so heisst der barfußfahrende Bananenträger, hatte dann tatsächlich immer schön auf mich gewartet und zog mich dann bis zu einer Gruppe vor, wo wir uns dann reinhängen konnte. In der Gruppe selber übernahm ich auch einige Male die Führung. Da wir auch durch Neukirchen fuhren, dem Ort, wo meine Freundin wohnt, hatten wir vereinbart, dass ich 20 Minuten vorher 3 mal bei ihr klingeln lasse, damit sie ungefähr weiss, wann ich dort durchfahre. Und tatsächlich stand die halbe Familie an der Strasse und winkten uns zu. Die letzten 90 Kilometer waren sehr schnell vorbei. Ich denke, wir haben dafür keine 3 Stunden gebraucht. Es war auch nicht mehr ganz so anstrengend, obwohl ich dauernd das Gefühl hatte, dass ich verkrampfe und das jedes Mal an anderen Stellen... Aufs Klo musste ich erstaunlicherweise nicht ein einziges Mal. Das hat mich doch am allermeisten gewundert. 15 Kilometer vorm Ziel hatte man nochmal eine Kontrollstation eingebaut. Da bekam man ein Gummiband übergestreift, das man im Ziel vorzeigen musste. Im Ort gings dann nochmal voll eine Rampe hoch und man musste während des Runterschaltens auch noch das Kontrollband einsammeln. Das war echt fies und ich war da auch voll am rumfluchen. Da sind bestimmt einige vom Rad runtergefallen bei der Aktion!!! Dort gab es dann auch noch eine Labestation, die wir aber ausfallen ließen so kurz vorm Ziel. Mit hohem Tempo jagten wir dann gen Bad Reichenhall. Aber dort angekommen waren es erst 195 Kilometer auf der Uhr. Also durften wir nochmal einen Berg hoch fahren um die 201 Kilometer auch voll zu kriegen. Ich bin fast gestorben. Und es fing dann auch wieder wie wild an zu regnen. Nach 7:57 h brutto und 7:41 h netto (selbst gestoppt) kamen wir dann überglücklich im Ziel an. Fazit: Die Strecke war 1a abgesichert durch Feuerwehr und Polizei. Man musste nirgends Autos vorlassen sondern die Autos sind angehalten worden. Super klasse. Die Verpflegungen waren in ausreichender Zahl vorhanden und es gab wirklich auch alles, was das Herz begehrt. Ich würde nun gerne noch wissen, wie es ist diesen Radmarathon bei schönem Wetter und guter Sicht zu fahren und habe daher vor, das Ding im nächsten Jahr nochmal anzugehen. Meine Freundin und ihre Kinder haben im Ziel auf mich gewartet. Allerdings zu spät. Ich war schon längst da... Albert fährt auch den Ötzi mjt und er hat zugesagt, mich auch bei dieser Tortur zu begleiten. Das wäre natürlich super toll. Bei der Siegerehrung bin ich dann tatsächlich auch noch erwähnt worden als Gesamt Zehnte. Die erste Frau hat 6:39 h gebraucht. Die ersten Männer waren nach 5:59 h im Ziel. Wahnsinn! Ich hab mich dann bei meiner Freundin in die Badewanne gelegt, ein Glas Prosecco getrunken und war ganz furchtbar stolz auf mich.... P.S. Es sind sage und schreibe 19 Frauen ins Ziel gekommen - 9 vor mir und 9 hinter mir....