Es ist vollbracht, aber meine ohnehin gestörte Psyche ist nochmals gesplattert worden.
Die alles-andere-als-locker-Randonneurstour von Düsseldorf - Bad Gastein (A) und die Deutschland-Rundfahrt von Flensburg (eigentlich Dänemark) nach Garmisch (über Salzburg) mit quaeldich.de sind durch. Jetzt noch ein paar längere Fahrten als Lade-Erhaltung und Paris-Brest-Paris könnte auszuhalten sein.
Die erste Tour führte mich mit meinem neuen Randonneur (Gesamtgewicht beladen mit Backpackern und Sattelstützentasche um die 23 kg, so ein schweres Rad war ich noch nie gefahren) aus dem Dunstkreis von Düsseldorf nach Bad Gastein in Österreich.
Als Grundlage für die Strecke hatte ich den GPSies-Track eines ambitionierten Rennradlers von Köln nach Gerlos (A) (Gerlos-Pass !), den ich mit Ergänzungen 1:1 übernehmen konnte. Ungefähr 980 kmwaren von Haustür zu Haustür zu absolvieren und ich hatte wirklich übelst zu kämpfen mit den ollen Hügeln im Siegerland, dem Taunus, dem Spessart und nachher dem langen Gerlos-Pass aus dem Zillertal Richtung Kaprun / Zell am See.
Ich hatte keine Unterkunft vorgebucht. Als ziemlich blöd erwies sich dann die Notwendigkeit, auf gut Glück ab etwa 20.00 Uhr abends eine Bleibe zu suchen, die nicht allzuweit von meiner Route entfernt lag. So war ein Gasthaus, zu dem mir die OpenFietsMap nach einem Abstecher von 7 km den Weg wies, seit zwei Jahren geschlossen. Ein anderes erwies sich als echte Spelunke, ein düsteres Loch (also genau richtig für stinkende Radler).
Auf dieser Tour bin ich an den Wohnorten einiger Cabanauten (insbesondere im Taunus) haarscharf vorbei gefahren, aber ich hatte keine Zeit, ungebeten plötzlich vor Eurer Haustür rumzumüffeln.
Nach sechs Tagen erreichte ich mein Ziel pünktlich und um viele nachhaltige Erfahrungen und großartige Landschaftsbilder reicher. Zu lernen war unter anderem, dass du als Radler auf Passstraßen die ärmste Sau auf Erden bist, wenn du mit 2 km/h an der bergstützenden Betonwand langkriechs, während Porsche-, Oldtimer- und Motorradfahrer an deinen Packtaschen vorbei die Rallye Montecarlo nachspielen. Da krieg ich Puls von 200 und bei 205 platzen mir normalerweise die Halsschlagadern!
Zu lernen war auch, dass du mit Packtaschen alles wie Sau runterknallen kannst. Aber wenn du unten angekommen bist, vergiss einfach, dass du früher mal so etwas wie Schwung ausgenutzt hast und damit den nächsten Berg zumindest ein wenig wieder hoch gekommen bist. Mit Packtschen klebst du in der Senke wie ne Fliege unter der Klatsche. Ende der physikalischen Träumereien.
Andererseits ist das Wetter sehr gnädig gewesen, ebenso wie der weit überwiegende Teil der Straßenmitbenutzer. Und der Track erwies sich als genial fürs Rennrad - super Straßenbeläge und überwiegend einsame Strecken in toller Landschaft, abgesehen von den Ballungsräumen.
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Die zweite Tour war eine ganz andere Herausforderung. Erstens ist Kolonnefahren mit Rennradlern gar nicht meins und zweitens hatte ich enormen Bammel vor den vielen Höhenmetern der Tour.
Aber das Programm und das Mottoi muss man einfach einmalig nennen und das alleine war es schon wert, da mitzufahren: Flensburg - Garmisch, von Dänemark nach Österreich, das macht man sicherlich nicht ohne weiteres ganz alleine oder oft im Leben. Also Augen zu und durch!
Insgesamt war es eine Mammutveranstaltung von quäldich.de mit rund 180 Fahrern in sechs Leistungsgruppen, drei kleineren Begleitfahrzeugen für Verpflegung und Radservice, 7,5-Tonnern für Gepäck und anderes, einer Guide- und Helfercrew von bestimmt zwanzig Leuten. Tausende Liter Wasser und Hefeweizen wurden vernichtet, Hunderte Kilo Bananen, Gels, Brote, Würstchen, Gummibärchen usw. bei den Verpflegungsstellen - vom Veranstalter eine logistische Meisterleistung! Die Vegetation entlang der Strecke hatte auch was von den vielen Radlern, denn bisweilen gab es auch Pinkelpausen.
Der Start war im "Hotel des Nordens" in Flensburg, von wo alle Radler gemeinsam von der Polizei zur Grenz eskortiert wurden. Dann ging es etwa 500 Meter nach Dänemark hinein und dann wieder retour in die Flensburger Innenstadt, wo im Hafen dann die Gruppen von je zwischen zwanzig und 40 Leuten startete.
Zur Tour selbst nur ein paar Worte:
Die Strecke war insgesamt klasse gewählt, auch wenn es manchmal auf stark befahrenen Bundesstraßen nervig zuging. Da einige Autofahrer die STVO und das Verbandsfahren nicht kennen, gab es viele gefährliche Situationen und ich weiß jetzt auch bestens, wie sich Auto-Scheibenwischwasser im Norden von dem im Süden unterscheidet: im Norden schmeckts fischiger.
Es gab trotz einigem kurzfristigen Fahrstress und trotz dieser Menge an Fahrern nur eine Handvoll Unfälle, einen etwas schwereren mit nachfolgender OP im Krankenhaus. Leider wurden dann den Spitzenfahrern im einem Hotel ein Dutzend Premiumräder geklaut; einige der Beklauten konnten den letzten Tag der Etappe dann aber noch mit Leihrädern nachholen.
Entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze zu fahren, hat seinen besonderen Charme wegen der vielen Gedenktafeln und Grenzanlagenreste; auch das Riesenhotel in Oberhof aus der Blüte der DDR-Zeit hatte seinen ganz eigenen Charakter.
Wir durften zwar nicht auf den Brocken fahren, aber dafür hatte ich die Gelegenheit, auf dieser Tour so einige knackige Höhen anzusteuern, von denen ich bislang noch nie gehört hatte. Diese Stichfahrten waren optional, und etwa die Hälfte aller Fahrer hat die Zusatzkletterei auf sich genommen:
Wurmberg bei Braunlage: 971 m hoch und an einigen Pasagen richtig steil.
Schneeberg bei Bischofsgrün im Fichtelgebirge: 1051 m hoch und noch steiler. Wackelige Ausichtsplattform mit großartigem Panorama.
Großer Arber im Bayerischen Wald: 1.455,5 m hoch und dreckig steil.
Roßfeldstraße bei Berchtesgaden und bei Quäldich: bis auf 1.600 m hoch. Höllische Ringstraße mit zweimal 24% Gefälle bei der Abfahrt. Bin da mit kurzem Trikot hochgestrapselt und mit Notfallmetallfolie unter dem Trikot wieder runter, sonst wäre ich schlichtweg erfroren.
Am bisher heißesten Tag des Jahres, dem 04.07., war das Radeln von Lübeck nach Wolfsburg die Hölle. Mitfahrer maßen 47°C auf Lenkradhöhe.
Habe meinen Geschwindigkeitsrekord gebrochen. Ich muss dazu sagen, dass ich äußerst zurückhaltend auf Abfahrten bin. Also bitte nicht ganz kaputt lachen, wenn das für einige nicht der Rede wert ist: 77,8 km/h.
Der A..., die Schultern, die Arme waren recht schmerzfrei, hatte ich gar nicht erwartet. Nur die Oberschenkel fackelten ab, ein Zeh ist gefühllos und noch einiges anderes. Aber das ist eh alles schnurz mit meinen 29+++.
Abschluss war dann am letzten Samstag abend in Grainau hinter Garmisch-Partenkirchen. Mit der Zugspitzbahn fuhren alle auf Deutschlands höchsten Berg. Ganz oben, nach der Fahrt mit der Gondel, gabs dann im gläsernen Restaurant ein monstermäßiger Buffet, Mukke von ein BR-DJ und Rumzappeln bis Mitternacht. Das heißt, nur soweit die Beine bei der Höhenluft und dem Allohol mitmachten. Die Nacht über knallte ein Beamer das Quäldich-Logo und das Tourmotto in Farbe auf den Fels unter dem Goldenen Gipfelkreuz, grandios!!!
Die Guides waren im übrigen allesamt klasse; es ist nicht ganz einfach, sowohl an Anstiegen als auch an Abfahrten, im Land und in einer großstadt wie Salzburg einen Haufen unterschiedlichster Rennradler zu dirigieren und ohne größere Klopper durchzubringen ....
Die Tourdaten, ausgelesen aus meinem Garmin:
Deutschlandrundfahrt Jul 2015 : 1.561,89 km, 18.130,6 Hm
03.07.: Flensburg - Lübeck, 205,04 km, 1.103,0 Hm
04.07.: Lübeck - Wolfsburg, 215,95 km, 1.025,6 Hm
05.07.: Wolfsburg - Bad Sachsa, 159,14 km, 2.408,0 Hm
06.07.: Bad Sachsa - Oberhof, 141,42 km, 1.723,0 Hm
07.07.: Oberhof - Bischofsgrün, 168,48 km, 2.894,0 Hm
08.07.: Bischofsgrün - Rimbach, 160,61 km, 1.961,0 Hm
09.07.: Rimbach - Burghausen, 186,28 km, 2.380,0 Hm
10.07.: Burghausen - Aschau, 174,84 km, 2.788,0 Hm
11.07.: Aschau - Garmisch-Partenkirchen, 150,13 km, 1.848,0 Hm
So, erstmal genug gelabert. Paris-Brest-Paris ist ja fast so üppig ausgestattet wie die Deutschland-Rundfahrt 2015 - nur, dass wir das dann fast an einem Streifen runterrotzen müssen. Also bleibt nix übrig, als bis dahin auch weiter ordentlich das Rad zu vergewohltätigen.
Götter dieser Welt, schenkt mir weiter Movitation (so wie Ugäng es gnädigerweise schon tat, Danke!) und Displizin oder so ... .