Mit dem schlechten Wetter schont es ja eine 10 Jahres Regel zu geben =; 1993 war wohl übel, 2003 ganz mies und dann dieses Jahr. Am Sonntag habe ich echt gespannt die Wettermeldungen verfolgt und oft an meinen ersten Start 2003 gedacht. Daher hier noch mal meine Erfahrungen damals .... Bericht zum Ötztaler-Radmarathon 2003 "Erste Pass, gleich Scheisse" Vorbereitung Im Juli/August bin ich nicht besonders viel gefahren, zwei Wochen habe ich wegen Zipperlein komplett pausiert. und lange Fahrten fast komplett weggelassen. Der Magstadt-Radmarathon als Generalprobe ging dann auch ziemlich daneben. Ich kam sogar ins Grübeln, ob ich überhaupt genug trainiert hatte. Zusätzlich hatte ich in der vergangenen Woche einen Haufen Ärger bei der Arbeit, bin am Samstag abgehetzt in Sölden angekommen und habe dann lediglich vier Stunden schlecht geschlafen. Die Vorraussetzungen waren also günstig ;-) Auf der Fahrt nach Sölden hörte ich immer wieder Wetterbericht und fing schon an zu überlegen: Was ziehe ich an? Am Abend traf ich noch ein paar Bekannte und die Frage wurde weiter diskutiert. Es lief aber schnell darauf hinaus, einfach alles anzuziehen, was ich dabei hatte. Lange Handschuhe fehlten in dieser Auswahl, die konnte ich mir aber netterweise ausleihen. Start: 4:45 Uhr aufstehen, danach Rad richten, frühstücken und fertig anziehen. Ich hatte dann an: kurze Hose, Knielinge, U-Hemd, kurzes Trikot, warme Armlinge, Windweste, leichte Regenjacke, Schuhe (eh klar, oder?), Socken, Regenüberschuhe. Mehr hatte ich halt nicht dabei, den ganzen Sommer konnte man ja schön in kurz fahren. Um 5:30 Uhr wackelte ich also im dunkeln zum Start, hier fand noch die Handschuh-Übergabe statt. Ein paar Jugendliche, offensichtlich zurück vom Samstagabend-Vergnügen, fanden mein Trikot (Heineken) klasse, meinten aber, ich schaffe es höchstens bis Ötz., sehr nett. Rennen: Mit dem Startschuss um 6.30 Uhr fing es endlich an richtig zu regnen. Ich war echt schockiert. Ein bisschen Regen, nasse Füße und so weiter, damit hatte ich gerechnet, aber tatsächlich war ich nach 15 min, nass bis auf die Knochen, nur wenig später wurde es mir richtig kalt. Ich hielt erst mal an um zu pinkeln und die nutzlos gewordene Brille wegzupacken. Die ersten 30 km gehen bergab, man braucht kaum zu treten und die Kälte kann richtig wirken. Etliche Fahrer kommen mir hier schon entgegen, die halte ich allerdings erst mal alle für "Profis", die einfach früh merken, daß sie heute nicht auf Sieg fahren können. Ich war erst mal froh als in Ötz der Anstieg zum Kühtai begann. Die Handschuhe drückte ich zwischendurch immer wieder aus, so daß das gröbste an Wasser schon mal rausging. Nass blieben sie trotzdem. In Ochsengarten dachte ich erst schon der Anstieg wäre zuende, das stimmte aber nicht, es fehlte noch ein ganzes Stück. Im ganzen ging der Anstieg sehr gut, ich habe mit Sicherheit auch nicht überzogen. Die Labestation war allerdings sehr trostlos. Überall redeten die Leute von aufgeben und zurückfahren. Es regnete wieder richtig und ein Becher Suppe konnte mich auch nicht merklich aufwärmen. Also bin schnell weitergefahren. Wenn ich nur auf meinen Verstand gehört hätte, wäre ich wohl vor Ötz ausgestiegen, aber den konnte ich leicht überlisten. Ich dachte mir halt: Jetzt fahr erst mal da hin, dann geht’s bergauf, also besser. Danach fährst du Kühtai noch runter und dann sehen wir schon ob's weiter geht. Das man in Innsbruck schlecht umdrehen kann, wusste ich zwar, verdrängte es aber. Ach so, schnell weiterfahren ging dann doch nicht so richtig. Die eigentlich superschnelle Abfahrt war fürchterlich. Mir war schnell wieder eisekalt. Ich bekam Schüttelfrostanfälle und Zähneklappern. Außerdem hatte ich Schiss, die Bremse nicht mehr richtig zu bedienen, weil die Finger gefühllos wurden. Die Füße waren auch ohne Gefühl, aber die brauchte ich gerade eh nicht. Vom vielen Bremsen schmerzten dann noch Arme und Schultern. Ich habe pro Bremsklotz ca. 3 mm Belag verloren. Nie war ich so froh ein paar hundert Meter tiefer gekommen zu sein. An der Zwischenzeit-Marke lag ich gut vor dem Zeitlimit und beschloss nun erst mal den Brenner auch noch zu fahren, da das sowieso der leichteste Anstieg ist. Der funktionierte auch ganz gut, ich hatte eine schöne Gruppe und (Applaus, Applaus!!): Der Regen hatte weitgehend aufgehört. Bis auf das letzte Stück, bin ich den Brenner auf dem Großen Blatt gefahren. An der Labe blieb ich wieder nur kurz, fuhr die kurze Abfahrt nach Sterzing, wo der Jaufen Pass beginnt. Hier kam ein bisschen die Sonne raus und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, das ich die Runde zu Ende fahren kann. Auch konnte ich die Regenjacke ausziehen, was vor allem auch den Vorteil hatte, daß die darunter liegenden Sachen trocknen konnten. Der Pass an sich ging sehr gut, auch weil er "rhythmisch" gut ist, also die Steigung gleichmäßig und nicht zu groß ist. Zwischendurch fiel dann noch eine Kontaktlinse raus, die schon den ganzen Tag gejuckt hatte. Normalerweise komme ich schlecht damit klar, nur auf einem Auge scharf zu sehen, heute fiel mir das aber kaum auf, das entzündete Auge ist heute auch schon wieder besser. Oberhalb der Baumgrenze tat es dann doch etwas weh, auch weil man ohne Bäume leider ziemlich weit nach oben sehen kann, wo dann immer noch Straße den Berg hoch führt. Und oben war es wieder saukalt. Also Jacke wieder an und schnell zur Labe die kurz unterhalb der Passhöhe ist. Hier gab es wieder warmen Tee, Banane, Riegel und zur Abwechslung einen Hagelschauer- Der konnte aber bei dem bisherigen Tag auch niemanden so richtig aufregen und fiel nur kurz aus. Die Abfahrt war dann fast schön, weil trocken und sogar die Handschuhe waren nur noch klamm und nicht mehr nass. In St. Leonhardt am Beginn des Timmelsjoch war der wärmste Ort des Tages, richtig kuschelig und die Jacke konnte ich wieder ausziehen. Da ich Kühtai, Brenner und Jaufen ohne anzuhalten durch gefahren war, hatte ich mir selbst zugestanden am Timmelsjoch auch mal anzuhalten und in Ruhe einen weiteren Riegel zu essen. Mit dieser Pause klappte es bis zur Labe ganz gut. Ich fuhr hier nicht nach Kilometer oder Höhenmeter, sondern nach Zeit, d.h. ich schaute unten auf die Uhr und sagte mir: So jetzt kurbelst du ganz gemütlich 1 1/2 bis 2 Stunden und schon bist du oben. Wie gesagt bis zur Labe ging das auch gut, aber ich hatte mich verschätzt, als ich dachte nach der Labe sei man schnell an der Passhöhe. Es gibt noch eine kleine Getränkestelle etwas später und ab dort waren es noch 7 km hart bergauf, wieder oberhalb der Baumgrenze. Irgendwann war auch das geschafft, die anderen auf dem Weg sahen auch richtig schlecht aus. Oben waren es 2°C und windig, also wieder schnell runter. Um mich noch mal so richtig Fertigzumachen gibt es noch einen fiesen kurzen Gegenanstieg, der hat zwar nur 100 Hm, knallte aber richtig rein, weil ich nur noch mit Abfahrt gerechnet habe. Ziel: Auch das ging vorbei, die Talabfahrt begann, es wurde nicht mehr kälter als ich es schon kannte und bei der Einfahrt in Sölden hatte ich am liebsten geheult, so fertig war ich. Meine Zeit war 11: 28 (10:40 reine Fahrtzeit) für 238 km und 5500Hm. Mit Sicherheit habe ich durch das schlechte Wetter einiges verloren. Ich habe am morgen wegen des Regens alle Zeitziele fallen lassen, aber insgeheim schon damit gerechnet schneller zu sein. Ich fuhr bald zurück zu meiner Pension (nochmals harte 100 Hm), duschte ausgiebig und zog endlich den warmen Fliespullover an, an den ich den ganzen Tag wehmütig denken musste. Wisst ihr eigentlich, wie schön warme trockene Füße sind? Am Abend traf ich noch mal meine Bekannten, aber nur kurz, den ich wollte schon bald in einen Koma ähnlichen Schlaf fallen. Montag hatte ich zum Glück freigenommen und heute geht's mir schon wieder richtig gut. Das Kribbeln in den Fingerspitzen, ist bestimmt ein gutes Zeichen, dass sie wieder vollständig regenerieren werden. [Anmerkung: Hat über 6 Monate gedauert …]