Der 300er ist Historie, halleluja!
Aufgestanden um 05.00 Uhr am Samstag, wieder in die Falle um 02.00 Uhr am Sonntag. Eine sehr schöne Strecke, die ich schon zweimal gefahren war, auch als nördliche zweite Schleife des 600-km-Brevets von Twistedden aus, was ja ungefähr 1 km entfernt zur Grenze mit den Niederlanden liegt.
Die Fahrt ließ sich ausgezeichnet an. Diesmal perfektes kühles bis kaltes Wetter, vormittags viel Sonne, hatte gut gepackt und war biologisch einigermaßen im Tritt. Mit der ersten Startgruppe von rd. 20 Randonneuren ging es dann etwa 80 km im 29er-Schnitt über Bedburg-Hau nach Apeldoorn und dann zur ersten Kontrolle bei Kilometer 138 kurz vor dem Veluwemeer.
[ Ich bin immer wieder überrascht, wie sinnvoll und mit Verstand man die bewohnte Erde gestalten kann, damit Fußgänger, Radfahrer und Autos einigermaßen zufrieden nebenher ihre Ziele erreichen können. Da ist Holland auch nicht perfekt, aber ganz nahe dran. ]
Nach Umrundung des binnenseeähnlichen Gewässers (viele Badestellen, viele Tagesurlauber, beste Stimmung) folgte die zweite freie Kontrolle in Nijkerk bei Kilometer 184. Hier musste ich einen Radladen aufsuchen, der Gottlob bis 16.00 Uhr auf hatte, aber nicht helfen konnte.
Ab ca. km 100 schliff nämlich das Hinterrad an der Kettenstrebe, was sich zwar kurzfristig durch Ausbau und Zentrieren beheben ließ. Aber durch Wiegetritt oder starkes Antreten gings dann wieder los und ich hatte das Gefühl, einen Anhänger hinterher zu ziehen. Der Mantel schabte sich auch sichtlich mehr und mehr ab.
Aber wat willste machen? Sowas ist schließlich nicht einfaches Schicksal, sondern Bestandteil der Brevet-Prüfung.
Also durch und dann - schon deutlich langsamer - bei Sonnenuntergang und vorbei an großen Gänseschwärmen über die wunderschönen Dämme an Waal (Rheinarm) und Maas. Da war es auch in Holland schon empfindlich kalt, laut öffentlicher Anzeige bei 4° C. Die letzten 60 km mit einem einsamen Fahrer auf einer blauen Gazelle, der nix zu essen runter bekam und etwas schwächelte. Dabei hatte er soviel zu Futtern dabei - Stullen, Lakritze, Süßes, Obst. Aber es ging eben nicht. Wir haben nicht viel geredet, aber manchmal tuts schon gut, wenn da noch einer in der Nähe durchs Dunkle fährt ...
Irgendwann kamen dann die Schilder mit "Irrland", dem großen Freizeitpark nahe Twistedden. Ich finde den Namen immer wieder heimelig, wen man nach vollendeten Touren weiß, es ist nicht mehr weit, da ist schon Irrland.
Schließlich mit einer größeren Fahrergruppe nach 15 Stunden und 7 Minuten (Zeit in Fahrt 13:04h) und 315 km wieder in Kevelaer angekommen.
Zum Schluss gabs bei M&M an der Sportthalle wieder gute heiße Gulaschsuppe, Butterkuchen, Kaffee und mehr. Immer wieder nett bei den beiden, so verbindlich und engagiert sind wohl nur noch die beiden nordbayerischen ARA-Veranstalter, auch ein älteres Ehepaar. An vielen anderen Brevet-Standorten gibt es nur ein Start- und Zielcafe un dman wirft seine Kontrolkarte in einen (Brief)kasten.
Ich lag irgendwo in der Mitte aller Fahrtzeiten, aber das spielt wirklich keine Rolle. Von 113 Startern sind 111 glücklich ins Ziel gekommen, die letzten gegen 02.30 Uhr, darunter einige Neulinge aber auch ein paar "alte Hasen", von denen ich ein paar kannte.
Insgesamt hat sich das mühselige Rollentraining dann doch ausgezahlt, Ausdauer und Kraftausdauer waren wie erhofft. Keine Krämpfe und nur zweimal beginnender Hungerast, mit Oatsnack und Maltoplörre erfolgreich weggebeamt.
Mein besonderer Dank geht aber an meinen (mittlerweile fünften) Sattel, den antares r1 large, Fizik (Selle R.). Die Empfehlung für diesen Langstreckensattel bekam ich im letzten Jahr von einem Mitfahrer des TCR - nach sehr heftigen und einprägsamen Erlebnissen in 2015 und 2016. Außer Knochenaua und dem üblichen Gedöns war jetzt nix mehr.
Ride on!