Hallo, Petra hat´s geschafft. Der Saison - Höhepunkt 2005 liegt hinter mir und der Ötzi ist platt....:-))) Kurzversion für Schnell - Leser: 238 Kilometer mit 5.500 Höhenmetern 4 Pässe: Kühtai (2.020 m über NN): 18 km lang, 1165 Höhenmeter - größte Steigung: 17,5% - Durchschnittssteigung: 7,5 % (meine Zeit für den Berg: 1:27:18 h) Brenner (1.370 m über NN): 36 km lang, 705 Höhenmeter - größte Steigung: 11,7% - Durchschnittssteigung: 2,5 % (meine Zeit für den Brenner: 1:32:02 h) Jaufenpass (2.090 m über NN): 15 km lang, 1075 Höhenmeter - größte Steigung: 11,7 - Durchschnittsteigung: ca. 9% (meine Zeit für den Berg: 1:26:15 h) Timmelsjoch (2.509 m über NN): 29 km lang, 1774 Höhenmeter - größte Steigung: 15,0 % - Durchschnittsteigung: 7,0% (meine Zeit für den Berg: 2:37:24 h) Gesamtzeit: 11:16:13 Stunden - Altersklasse Platz 24 (von 57) - 41.te bei den Frauen Gesamt (von 92) und 1.758ter Platz Gesamt von 2.861 Finishern Nettozeit: 10:14 Stunden (hab tatsächlich 1:02 h nur fürs Essen, Trinken, ein Fernsehinterview (...:-))) und Toilettegehen gebraucht!!!) Schnitt für Nettozeit: 23,3 km / h Energieverbrauch: 7.490 kcal! (hab aber dennoch nix abgenommen - rein gar nix) Trainingskilometer seit 01. Mai 2005: ca. 5.200 km VORGEPLÄNKEL: Im Vorfeld muss ich sagen, war ich aufgeregter als 1997 vor meinem ersten Ironman - Start. Vor diesen gewaltigen Anstiegen und Abfahrten hatte ich gehörigen Respekt zumal ich so gut wie gar keine Erfahrung habe mit solchen extremen Strecken. Auf den Rat von Albert, meinem Begleiter beim Radmarathon in Bad Reichenhall, wollte ich mir ein 29iger Ritzel besorgen. Das gab es aber gar nicht für Shimano. Mein "Schrauber" hat mir dann ein 32iger Ritzel von einer MTB - Gruppe draufmontiert. Das sah vielleicht mal lustig aus... Dienstags vorher war es dann aufgrund der Hochwassersituation fraglich, ob der Wettkampf überhaupt stattfinden konnte. Ich hatte es eigentlich schon abgeschrieben, da auch einige Strassen der Wettkampfstrecke betroffen waren. Aber zum Glück entspannte sich das Ganze und der Veranstalter gab "grünes Licht". Man meinte sogar, dass am Sonntag "Super - Wetter zum Radfahren" sein sollte.... Freitags fuhr ich schon mal bis kurz hinter Stuttgart, wo ich bei meinem "Gegner", kurz "Killa" genannt übernachten durfte. Leider war sein Hund erkältet, der mit mir im Wohnzimmer nächtigte und der schnarchte mich die ganze Nacht voll... Wer mich kennt, weiss was das bedeutet.... In Südtirol fing es wieder an zu regnen....:-))))) Samstag morgen wurde dann Killa´s Passat gepackt und los gings. Nach 10 Minuten auf der Autobahn leuchtete ein Warnsignal im "Cockpit" auf. Im Handbuch stand, man solle umgehend die Werkstatt seines Vertrauens aufsuchen. Killa rief dann dort an und die meinten nach kurzer Ferndiagnose, es wäre nichts Tragisches, wir hätten nur keine Bremslichter (braucht man ja auch nicht, wenn man in die Berge fährt....:-))))) Wir versuchten noch in Ulm bei einer VW - Werkstatt unser Glück, landeten aber in der "Servicewüste Deutschland" - "Wir haben nur bis 12 Uhr geöffnet und bis dahin haben wir auch gut zu tun". Also ohne Bremslichter in die Alpen. Kaum in Österreich in Richtung Fernpass gings dann nur noch mit "Stop und Go". Den nachmittäglichen Radausflug begann ich schon langsam abzuschreiben. Gegen 15:30 Uhr waren wir dann in Sölden - einem reinen Touristikort mitten in den Alpen. Ein Hotel neben dem anderen. In der Mitte ein rauschender Fluss (die oder der Oetz...) Wir waren ca. 500 m vom Ziel entfernt, aber leider im Steilhang gelegen, untergebracht. Wir hatten riesige Apartments (mit Badewanne) und Supersicht über das Kaff. Von oben (aus Richtung Südtirol) kamen schwarze Wolken über die Gipfel. Die Radtour schenkten wir uns dann tatsächlich und gingen erst einmal die 500 m nach unten um unsere Unterlagen abzuholen. Das Ganze war gut organsiert und die Sportarena war hübsch hergerichtet zur Nudelparty (die man selber zahlen musste, was aber bei 48 Euro Startgeld auch kein Problem war). Dort traf ich mich mit Albert, der ja den Ötzi mit mir fahren wollte und seinen beiden Teamkollegen. Draußen hatte es begonnen zu regnen.... Gloria, meine Freundin, und Willi kamen kurz nach 20 Uhr auch dazu. Die beiden machten schon 14 Tage Urlaub in Sölden. Waren stellenweise im Tal eingeschlossen durch die Unwetterfluten und hatten schon lange den "Kaffee auf". Nur wegen mir hätten sie in diesem saukalten, nassen und gefährlichen Klima ausgeharrt. Welche Ehre für mich. Eine "Wettergöttin" des ÖRF, die zufälligerweise 1997 den Ötzi schon mal gewonnen hatte, prognostizierte dann für den Wettkampftag "ideales Radfahrwetter". Frühmorgens beim Start seien die Strassen zwar noch nass. Die Wolken hätten auch etwas Gutes. Sie würden nämlich die böse Sonne abhalten zu scheinen und das wäre bei den Bergaufpassagen mehr als angenehm. Einige Schauer könnten wohl noch herunterkommen aber im italienischen Abschnitt der Strecke wären die Chancen gut, einige Strahlen der Clara abzubekommen. Der Organisator berichtete dann noch von einigen Baustellen auf der Strecke, die durch das Hochwasser entstanden sind. Mir wurde ganz flau im Magen. Vor den Abfahrten hatte ich wirklich allergrößten Respekt. Gegen 22:30 Uhr lag ich im Bett, konnte aber nicht schlafen, obwohl ich echt total kaputt war. Irgendwann klappte es, doch ich hatte fürchterliche Träume. In einem musste ich im Timmelsjoch nach über 13 Stunden aufgeben, weil es dann einfach zu spät und schon dunkel war. Es war schrecklich.... DER WETTKAMPF Um 4:45 Uhr klingelte der Wecker. Ich sprang aus dem Bett raus, hüpfte raus auf den Balkon: es regnete nicht. HURRA! Aber natürlich war alles nass! Schön gemütlich gefrühstückt mit dem Feind. Die letzten Dinge besprochen. Dann alles angezogen, was gegen Nässe hilft und los zum vereinbarten Treffpunkt vor der Pension in der Albert untergebracht war (direkt am Start). Dort wollten auch Gloria und Willi hinkommen, die ja extra dafür eine Woche lang ausgeharrt hatten und den Start selbstverständlich nicht verpassen wollten. Wir mussten nur dann irgendwann uns in das schier nicht enden wollende Starterfeld einreihen und sahen die beiden dann leider nicht mehr. Der Startschuss fiel dann um 6:34 Uhr für die ersten 300. Ich rollte gut 5 Minuten später über den Startstrich. Die ersten 31 Kilometer gehts nur bergab. Die Wolken hingen tief und man konnte von der herrlichen Umgebung rein gar nix sehen. Gefahrenstellen waren gut abgesichert und so konnten wir die erste Abfahrt recht schnell in 45 Minuten meistern. Gewundert hat mich nur, wieviele schon auf den ersten Kilometern einen Platten hatten.... In Oetz ging es dann zum Kühtai hinauf. Die Steigung war direkt da - es gab kein Pardon. Das Feld "knubbelte" sich extrem. Hinzu kam, dass viele anhielten um Regenjacken auszuziehen und dann ohne groß zu gucken in die Steigung reinfuhren, egal ob da gerade einer fuhr oder nicht. Das war stellenweise recht gefährlich und ich hatte echt Panik, dass mich einer zum Anhalten zwingen würde. Das "Geknubbel" hielt bestimmt 5 Kilometer lang an. Hatte vielleicht auch was Gutes: man fuhr nicht so schnell, wie man eigentlich hätte können. Denn in der Hälfte des Anstiegs kam das 17,5% - Stück. Dort warf ich dann bereits zum ersten Mal das 32iger Ritzel drauf. War aber nicht so schlimm, wie ich dachte. Relativ schnell waren wir dann auch schon oben. Als ich den "Gipfel" im mittlerweile eingesetzten Regen auftauchen sah, war ich richtig stolz auf mich, dass ich den ersten und schwersten Anstieg schon hinter mich gebracht hatte. Oben war dann die erste "Labestation". Es gab alles, was satt machte. Ich hatte aber irgendwie gar keinen Hunger, füllte nur meine Flasche auf und trank eine warme Suppe. Albert sagte ich, er solle schon mal vorfahren, da ich vor der Bergabfahrt wahnsinnige Angst hatte. Regenjacke übergezogen und ab gings. Kühtai runter kann man über 100 Sachen draufkriegen, wenn es nicht regnet und wenn man nicht bremst. Wir fuhren natürlich viel langsamer. Albert fuhr mir nicht weg. Ich fuhr einfach genauso in die Kurven rein wie er und dachte:"wenn er da durchkommt, komme ich auch da durch" Und so wars auch. Weiter unten wurde es flacher und man konnte richtig Tempo machen. Die Kurven waren groß und gut zu fahren. Ich bekam richtig Spass und war beinahe traurig als die Abfahrt schon vorbei war. Weiter gings im Regen durch Kematen, wo man spätestens um 10:00 Uhr durchfahren musste um nicht aus dem Rennen genommen zu werden. Wir fuhren um 9:25 Uhr durch und ich dachte, dass da wohl einige nur bis dahin kommen würden.... Weiter ging es im Regen durch Innsbruck und dann in Richtung Brenner. Ich musste dann die Regenjacke ausziehen, da es mir beim hochfahren viel zu warm wurde. Albert fuhr mich an eine gute Gruppe dran und man konnte stellenweise tatsächlich mit über 30 Sachen hochfahren. Irgendwann ließ er aber abreissen, das er "angeblich" das Tempo nicht mehr halten konnte. Da machte ich mir schon ein bißchen Sorgen, dass er sich vielleicht schon "platt" gefahren hat. Weiter oben wurde dann der Anstieg etwas selektiver und Albert war direkt ein gutes Stück vor mir. Dort sprang mir dann die Kette ab und ich hab sie alleine nicht mehr draufbekommen. Ein Helfer erbarmte sich schließlich und friemelte mir die Kette wieder drauf. Albert hatte mich wohl vermisst und kam schon zurück um nach mir zu sehen. Bei der zweiten Verpflegung, die nach ca. 120 km auf dem Brenner auftauchte hatte ich dann richtig Hunger. Dort trafen wir auch auf Albert´s Teamkollegen Joachim und Rainer. Joachim hatte Magenprobleme und dachte ans Aufgeben. Die Pause dort dauerte 17 Minuten. Ich war richtig erschrocken, als ich sah, wieviel Zeit wir dort fürs Essen und Trinken verbraucht hatten. Leider war die Brenner - Abfahrt nur 8 Kilometer lang. Die Strasse wurde nach und nach trockener. Beim Aufstieg zum Jaufenpass drohte sogar die Sonne ab und zu rauszukommen. Ich war ohne Ende am schwitzen und hoffte, dass die Sonne hinter den Wolken blieb. Der Jaufenpass zieht sich ca. 15 Kilometer bei konstanter Steigung auf knapp über 2.000 Meter. Wir überholten auch recht viele und konnten dennoch den Blick ins Tal genießen. Die Strecke war ich im Mai mit Wolfgang und Maria auf der Fahrt ins Ultental mit dem Auto abgefahren und kannte daher diesen Abschnitt. Daher konnte es mich auch nicht schocken, dass ich nach Passage der Baumgrenze genau sah, wo ich noch hin musste. Der Jaufenpass war dann auch bald geschafft und die 3. Verpflegungsstelle wurde angefahren. Obwohl es dort "zog wie Hechtsuppe" gingen wieder 20 Minuten drauf um Nahrung aufzunehmen, aufs Klo zu gehen und die Beine wieder einigermassen gerade zu kriegen. Langsam stellten sich kleinere Beschwerden im Aduktorenbereich ein. Ach ja, wir wurden dort noch vom Fernsehen interviewt und das noch auf Englisch. Die wollten wissen, ob wir jetzt auch noch das Timmelsjoch schaffen würden. Klar sagte ich, mit Red Bull doch überhaupt kein Problem. Wir werden einfach drüberfliegen....:-))))) Die 20 km lange Abfahrt vom Jaufenpass ist technisch anspruchsvoll. Es gibt sehr viele kleine und enge Kurven. Die Strasse ist stellenweise schlecht und mir flog einmal ein Tannenzapfen direkt vors Gesicht. Da hab ich mich echt sehr erschrocken! Albert fuhr dort schneller als ich und wartete unten in St. Leonhard wo es richtig warm war. Und jetzt begann der eigentliche Wettkampf: das Timmelsjoch. Hinauf auf 2.509 Meter. In der Mitte kam wieder eine Verpflegung wo wiederum 18 Minuten ins Land gingen. Aber die hatte ich auch wirklich nötig. Mein linkes Lenkerband hatte sich schon fast vollständig aufgelöst. Meine Hände taten tierisch weh. Ich wusste gar nicht mehr recht, wie ich den Lenker packen sollte. Von der Verpflegung konnte man dann genau sehen, wo man noch hochfahren musste. Killa musste gerade dort oben gewesen sein, als ich hochguckte. Es sind nämlich noch 12 Kilometer bis zur Passhöhe. Ich fuhr ab der Verpflegung nur noch auf dem 32iger Ritzel, musste mich leider oft überholen lassen. Albert wartete fast in jeder Kehre auf mich. Der Blick ins Tal entschädigte für einen Teil der Strapazen. Irgendwann waren wir dann tatsächlich oben. Und was sah ich dort: Hochnebel auf der anderen Seite des Berges. Eine Suppe ohnegleichen. Man konnte noch keine 10 Meter weit gucken. Das hat mich eigentlich am fertigsten gemacht. Mit sowas hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Auf der einen Seite Supersicht auf der anderen.... Und da gings steil bergab. Ich war nur noch am Bremsen. Die Brille beschlug mit Nebeltropfen. Die Unterarme taten mir weh vom Bremsen. Dann kam der berüchtigte Gegenanstieg, von dem man aber nichts sah. Ich merkte nur, dass es wieder steiler wurde und ich wieder das 32iger Ritzel brauchte. Oben angekommen applaudierten sogar ein paar Hartgesottene durch den Nebel hindurch. Man sah sie nicht, man konnte sie nur hören. Nach der Mautstation lichtete sich zum Glück der Nebel und dann gings es fast nur noch bergab. Langsam wurde mir bewusst, dass ich es geschafft hatte. Jetzt gings nur noch runter. Ich war so verdammt stolz und glücklich, dass mir sogar ein paar Tränchen hochkamen. Die Zieleinfahrt war sehr unspektakulär. In Sölden fuhr man mit dem Durchgangs - Autoverkehr mit und bog dann irgendwann rechts ab, wo wir fast noch mit einem fehlgeleiteten PKW zusammenstießen und schwups - war man im Ziel. Stimmung war so gut wie keine. Gloria und Willi hatten mich wohl bei der Ortsdurchfahrt erkannt und mir zugerufen. Ich war am Lachen und am Winken. Als wir im Ziel waren umarmten wir uns erst einmal alle und ich war einfach nur happy. Gloria und Willi waren dann auch da und feierten mich wie den Sieger. Die beiden brachten mein Rad zur Pension und ich legte mich erst einmal in die Badewanne. Zuerst war mir in dem heissen Wasser völlig kalt aber dann wurde es besser. Weh taten meine Hände, der untere Rückenbereich und ich hatte das Gefühl, als würde ich immer noch auf dem Sattel sitzen.... Bin auch fast alles im Sitzen gefahren, ganz wenig im Wiegetritt. Abends haben wir dann noch in der Sportarena kostenlos Nudeln gegessen und bei der Siegerehrung zugeschaut. Anschließend noch in eine Kneipe bis kurz vor eins. Dann war ich aber wirklich völlig kaputt und fiel nur noch so ins Bett hinein. Fazit: Ein super toller Wettkampf. Eine wahnsinnige Herausforderung. Nächstes Jahr werde ich wohl wieder mitmachen. Albert hat auch schon Unterstützung zugesagt. Vielen Dank an Albert, an Killa und Melanie, Gloria und Willi und alle anderen, die an mich gedacht haben. Killa war 1:14 h schneller als ich und somit hat keiner die Wette gewonnen bzw. verloren. Nächstes Jahr möchte ich die 10:30 h anpeilen....