... Fortsetzung
Das Wetter war herrlich warm, ein paar Wolken (oder auch nicht), keine Ahnung, es war ja dunkel. Die massen setzten sich in Bewegung, Trommler hämmerten einen geilen Rhythmus an den ersten Metern, Drohnen überflogen den Platz, Blitzlichter der Fotografen und tolles Stimmung/Anfeuerung der Zuschauer. Schon bald war es dann aber auch zu ende mit Stimmung und ole, ole.
Kuala Lumpur ist , so glaube ich, keine Stadt wie z.B. Bangkok, wo Nachts noch der Bär steppt. So hatte die Ruhe in dieser Metrople auch was Besonderes. Viele große, moderne Gebäude, welche sich anfangs noch mit herrlichen Bauten aus Zeiten der Kolonialherrschaften abwechselten.
Die Dichte des Läuferfeldes war noch einige Kilometer gut beisammen, jedoch wurden die Lücken mit der Zeit auch immer größer.
Alle hatten ausreichend Platz. Schön breite Straßen, keine plötzlich auftretenden Hindernisse oder enge Kurven. Perfekte organisiert und super durchdacht war der Rundkurs. Alle paar Kilometer gab es VPs und zusätzlich noch Massage- und Eissprayservice.
Wasser, ISO und später auch Bananen sowie Schwämme wurden angeboten. Vielleicht gab es auch etwas anderes, habe da nicht so darauf geachtet. Hier und da gab es Trommlergruppen oder andere Motivationsgrüppchen. Vor allen Dingen die vielen, vielen Helfer an den VPs waren der Hammer. Immer freundlich, mit motivierenden Worten jeden Einzelnen lachend + jubelnd begrüßt und ihre gute Laune auf uns Läufer übertragen. Auch die Sicherheitskräfte und Sanis haben ihre Arbeit hervorragend gemacht.
Leider waren dann für Foto und Videoaufnahmen die Lichtverhältnisse durch die Dunkelheit nicht so toll. Auch viele der hohen Gebäude waren nicht angestrahlt oder hatten wie in zum Beispiel in N.Y. die ganze Nacht ihre Lichter an. Zudem verlief der Rundkurs dann doch etwas außerhalb der Innenstadt. Aber man konnte immer noch alles gut erkennen. Jedoch wie gesagt nicht so, um entsprechend schöne Aufnahmen zu machen.
Ich hatte das Streckenprofil etwas anders im Kopf und war überrascht wie viele langgezogene Steigungen dieser Marathon hatte.
Die ersten 10 km lief alles wie immer locker flockig und recht entspannt in 55 Minuten. Alles schön flach, breit und von den Temperaturen sehr angenehm mit einer leichten Brise. So konnte es weiter gehen. Aber das wäre ja zu einfach und zu schön.
Die Endzeit war natürlich unbedeutend und ich hatte nie vor auf Grund des nicht vorhandenen Zugens auch nur annähernd Tempo zu machen oder irgendwelche Experimente. Obwohl, wenn ich es nun so recht überdenke, es war sehr wohl ein Experiment.
Keine Vorbereitung, kaum in den davorliegenden drei Wochen mich bewegt, und dazu noch einen Tag zuvor bescheuert ernährt.
Hinzu kam noch, dass ich keineen Rucksack hatte, in dem die Cam mal verstauen konnte oder ein Hadtuch, oder oder oder ...
Das Halten der Cam wurde, obwohl sie so klein und leicht ist, von Kilometer zu Kilometer immer schwerer. Mein ganzer Körper hat wie Sau geschwitzt und als hätte mich ein Maschienengewehr durchsiebt, floss der Schweiß in Ströhmen. Interessant was der Körper doch so alles anstellt, um sich zu kühlen. Mein Bauch und meine Oberschenkel waren kalt, die Haare oberhalb der Schirmmütze trocken und alles andere abwärts wie erwähnt meganass. Keine Ahnung, ob es an den schweren Trailschuhen oder an den kurzen anstatt der Komressionsocken lag, dass meine Beine immer schwerer wurden. Jetzt kamen auch die scheinbar unendlich langen Anstiege.
Wir befanden uns nun auf der Stadtautobahn. Echt witzig. Man ist durch die Mautstelle wo sonst tausende Autos durchfahren.
Auch wenn es vielleicht nicht so aussah aber mir kam es so vor, als ob ich irgend einen Berg hoch laufen würde. Ich hatte mich bis zur HM Checkpoint an die 4 StundenZugläufer dran gehängt in der Hoffnung, dass die mich dann schon irgendwie ins Ziel ziehen.
Es kamen die ersten Zweifel und Wehwehchen. Die Beine wurden nun immer schwerer, der Drang sich mal hinzusetzen immer größer. Ich wollte auf Toilette, dann doch nicht, wollte was essen, dann wieder nicht und das Aufnehmen der Getränke wurde nun schwerer. Warum laufen die Paceleute auf einmal schneller ? Hööööiiiii, was hier los ? Wartet auf mich. Nix da. Gnadenlos das Tempo gemacht und ich Luschi wurde immer langsamer. Ich entschied mich alleine zu laufen und das Tempo raus zu nehmen. Was solls, dann wird es eben etwas später. Die ganze Zeit habe ich entweder andere überholt oder konnte in kleinen Grüppchen mitlaufen.
Na jedenfalls war der Halbmarathon schon mal geschafft und mit 1:56 sogar besser als erwartet. Gleichzeitig kamen mir aber auch so langsam Zweifel und das schlechte Gewissen. Jetzt nur nicht abkacken, sondern gnadenlos durchziehen. Immer häufiger habe ich auf die Uhr geschaut. Komme ich rechtzeitig ins Ziel um noch meine Mädels beim KidsRun zu sehen ? Wird mir wieder übel oder muss ich mich gar übergeben ? Kann ich den steigenden Temperaturen trotzen und vor allen Dingen, wieviel Flüßigkeitszufuhr vertrage ich noch bis zum Finish ? Ausblenden, weiter laufen, den schönen Mädels hinterher schauen und sich immer wieder motivieren. Mein kleines Handtuch habe ich am meisten vermisst. Die Hände waren vom Schweiß feucht und ich hatte die Befürchtung, dass ich die Cam nicht mehr richtig halten kann. Das von der einen in die andere Hand wechseln wurde nervig. Die Aufnahmen immer kürzer und unregelmäßiger. es gab auch nicht so viel Spannendes zu filmen. So langsam begann der Kampf gegen den Schweinsausackköter,
das Rechnen wie lange wie weit und warum das Ganze nur. Es gab einen kurzen Augenblick, in dem ich keinen Bock mehr hatte. Doch nach wenigen Minuten war dieses Befinden auch wieder verschwunden. Nun kam wiederum ein Hoch und ich lief ein paar Kilometer sehr locker und im gleichen Tempo wie zu Beginn. eine weitere Hilfe waren die bereits erwähnten VPs. Ich kann es nicht oft genug erwähnen wie toll die Helfer ihren freiwilligen Dienst gemacht haben. Die Mädels und Jungs haben sich wirklich einen Extralob verdient.
Die Nacht wie schnell dem anbrechenden Tag. Die Strecke nahm Kurs auf die Innenstadt und es sollten noch zwei (für mich jedenfalls) heftige Steigungen folgen. Die ersten Gehpausen folgten nach Kilometer 27 und ich nahm immer weniger Flüßigkeit zu mir.
Kaum zu fassen aber doch irgendwo verständlich, dass mich nun immer häufiger die Übelkeit aufsuchte. Die Kilometer zogen sich nun endlos und es wurde immer wärmer und schwüler. Bei Kilometer 33, den ich nach 3:33 erreichte (geile Zahl), musste ich wieder gehen.
Es folgte ein mörderischer Anstieg, der in Wirklichkeit nur ein kleiner Hügel war. Zu meiner Erleichterung war ich nicht der einzige, der gegangen ist. Jetzt bei Tageslicht sah man die Leute besser was sie anhatten oder wie sie aussahen. Es haben mich u.a. einer Barfuß überholt, einer mit den, wie heißen die Teile nochmal ? Fingerfootdingenskirchen ? Noch einer barfuß (war sein 100er Marathon ohne Schuhe !) und noch ein paar ansatzweise Verkleidete. Später sogar die 4:30er Pacemaker. Oh nein, ich schleiche also nur noch.
Bei ca km 37 gesellten sich zu uns die 5 und 10 km Masse. Doch auch hier war die Strasse für so vile Menschen breit genug, sodaß es keinen Stress oder Kollisionsgefahr bestand. Das Publikum war schon seit einigen Kilometern wieder an der Strecke zu sehen.
Viele gut gelaunte Leute haben Schilder mit lustigen und bunten Motivations-auf-weiter-geht
s-beweg-deinen-Arsch-Sprüchen für Stimmung gesorgt. Hier und da standen riesige Ventilatoren, Duschen und immer wieder Helfer mit Eisspray, Schwämmen und Erfrischungsgetränken. Obst wurde auch weiterhin genauso wie Wasser und Iso100 (schmeckt übrigens lecker) gereicht.
Das Laufen und besonders mein Laufstil war nun unterirdisch geworden. Immer öfter war nur noch Gehen angesagt. Was nun einsetzte kannte ich davor nicht: Krämpfe bzw. Fastkrämpfe. Immmer kurz davor, dass die Muskeln volle Kanne dicht machen. Von der Leisete über Ober- und Unterschenkel bis zu den Füßen hatte ich immer wieder beim Anlaufen das Gefühl gleich geht gar nix mehr.
Ein Rumgehumpel wie nackisch durch ein Brenesselfeld laufen mit steifen Knien. Total ballalla muss ich ausgesehen haben.
Egal, nun mussten die immer wieder kommenden Brechreize auch noch abgeehrt werden. Grinsen für die Fotografen, Winken zu den Zuschauern und ab und an mal eine Szene mit der Cam einfangen. Wie lange noch ? Wie weit noch ? Schaffe ich es rechtzeitig ?
Zwar haben mich nicht mehr so viele überholt aber das Gefühl ein bissi versagt zu haben kam hin und wieder. Ich spielte mit dem Gedanken sofort nach dem Finish ins Hotel zu schleichen und mich hinzulegen, zu schlafen und einfach nur sterben. Ich glaube, dass ich kaum noch Flüssigkeit in mir hatte. Wie eine ausgetrocknete Dattel wackelte ich nun dem Ziel entgegen. Zwischenzeitlich hatte ich ein paar mal mit Grinsbacke geÄppt und erfahren, dass die Mädels schon so langsam Richtung Ziel gingen. Menno, das wird ne enge Kiste, dachte ich mir nur. Jetzt waren es nur noch 500 Meter. Ein großes Tor wurde durchquert und man sah das Ziel die breite Straße entlang am Ende. Noch schnell die Linse der Cam sauber gemacht, die durch die feuchten Hände nicht sauber mehr war.
Eine nette Helferin bat ich um Hilfe und sie hat mir freundlicherweise geholfen. Mit ihrem Shirt wurde das Problem prima gelöst.
Der Lauf neigte sich dem Ende zu und nun kamen die Emotionen in all ihren Facetten. Muskelschmerzen, Freude das Ziel vor Augen zu haben und es endlich geschafft zu haben, Übelkeit, Erleichterung, Müdigkeit, Stolz es wieder mal unter extremen Bedingungen mal geschafft zu haben, Enttäuschung den Lauf der Kids zu verpassen. Im Nachhinein ärgert es mich immer noch aber wer weiß für was die Entscheidung gut war, dass ich doch beschloss nach dem Zieleinlauf nicht mehr zum Lauf der Cabanautchen zu gehen.
Ich wäre womöglich noch umgefallen und hätte meine Mädels damit bestimmt keinen Gefallen getan.
Nun wollte ich erst einmal den Zieleinlauf genießen und alles aufsaugen was um mich herum geschah. Die Zielgerade war genau die breite Straße bzw. der Platz an dem ich morgens um 4 Uhr stand und noch so voller Freude dem Lauf entgegen fieberte.
Rechts war der Zieleinlauf der Marathonis, links der HMarthonis bzw. von den Teilnehmern des 5 und 10 km Laufes. Eine sehr beeindruckende Kulisse besonders am Tage, da man jetzt noch mehr sah und noch mehr los war. Es ging alles sehr schnell und ich war froh die Cam laufen zu lassen, um alles einzufangen und später dann noch einmal mir anzuschauen. Trotz starker Muskelschmerzen, Dehydration, Übelkeit und Müdigkeit war ich sowas von happy und stolz nach 4 Stunden und 42 Minuten durch das Ziel zu laufen.
Hurra, endlich geschafft. Der Wahnsinn hat ein ende und ich habe es lebend und ohne Aufgabe ins Ziel geschafft. Wie immer viel falsch aber auch viel richtig gemacht. Sowohl geplant, durchdacht als auch bescheuert und unüberlegt. Hauptsache das Ding ist gelutscht und ein weiterer Marathon ist in der Tasche. Diesen werde ich besonders noch in Erinnerung behalten.
Jeder Läufer wurde begrüßt, beglückwünscht und weitergeleitet zu den großen Zelten. Als erstes bekam man aus einer großen mit Eiswürfel gefüllten Kiste Wasser. Anschließend einene leeren Beutel. Die nächsten Helfer verteilten Beutel. nun wurde man weiter geleitet zu einem weiteren Zelt wo man in Abstand von einigen Metern verschiedenes Obst, Medalie, Gimmicks und das Finishershirt bekommen hatte. Glückwünsche, Freundlichkeit und Applaus der vielen Helfer, was mich wirklich am meisten beeindruckte.
Ich sah auf die Uhr und mir war klar, dass ich nun definitiv zu spät war, um noch zu meinen Mädels zu kommen. Somit habe ich schweren Herzens ein Mail an Grinsbacke geschrieben, dass ich ins Hotel geh und wir uns dann dort treffen.
Zuvor musste ich mich aber erst hinsetzen und etwas runter kommen. Ich war sowas von platt und kraftlos. Ein Schlückchen habe ich geschafft runter zu bekommen aber gleich darauf kam der Brechreiz wieder. Was mich das jetzt wieder geärgert hat. Das gabze Jahr hat alles prima geklappt. Ein halbes Jahr fast täglich gelaufen, monatlich mindestens 300km, davon 1-2 Marathons bzw. Ultras.
Und alles ohne einmal zu spucken. Was ich mir hier gegeben habe war wieder einmal ein typisches Nervenhugo Ding.
Doch auch dies gehört zu den Erfahrungen und Experimenten meines sportlich, bekloppten Sammelsariums.
Der Weg zum nahe gelegen Hotels schien eine gefühlte Ewigkeit zu dauern. Ich musste einen kleinen Umweg in Kauf nehmen,
konnte aber ohne Pausen in einem Stück zur Unterkunft kommen. Unterwegs kam die Nachricht von Grinsbacke, dass Plobsi sechste in der Altersklasse bis 12 (3 km) und Raketenstrolch sogar ERSTE in der Klasse bis 9 Jahren (1km). Meine Güte was war ich stolz auf meine Kids und zugleich verärgert mir das entgehen zu lassen. Der absolute Oberhammer. Auch die beiden hatten fast 4 Wochen lang keinen Sport gemacht, waren hohen Temperaturen ausgesetzt und konnten dennoch eine so überragende Leistung bringen.
Hierzu kann ich leider nichts weiteres schreiben. Auf den Bildern, die ich demnächst online stelle, werden dafür ein paar schöne Momente zu sehen sein. Ich hoffe, dass ich das bald hinbekommen werde.
Es dauerte bis zum Abend hin als so langsam die Lebensgeister in meinen Kadaver zurück gekommen sind.
Duschen konnte ich noch, auf Toilette gehen auch aber dann war nur noch im Bett liegen angesagt. Ab und zu am Apfel genagt, etwas Wasser und Iso getrunken, wieder etwas geschlafen. Das Verlangen kam nun nach etwas Salzigem. Ich hatte volle Kanne Lust auf eine Hühnerbrühe oder Nudelsuppe. Ich raffte mich auf und etwas später kamen auch meine Mädels. Stolz und voller Freude wurde alles erzählt, die Medallien gezeigt und Freudentänze im Zimmer gemacht. Nach ei paar Minuten sind wir dann in ein Restaurant geschlendert und ich wollte unbedingt die erwähnte Suppe. Leider hatte das indische Lokal nur scharfe Sachen, wie ich nach nur einem Löffel bemerkte. Also wieder zurück Richtung Hotel. Ich fühlte mich immer noch wie ausgekotzt und völlig kraftlos.
Kurz vor dem Hotel kamen wir an einem kleinen Supermarkt vorbei. Dort gab es Fertigsuppen. Egal, gekauft, heißes Wasser rein und ab damit ins Zimmer. Ich glaube, dass mir noch nie eine Suppe so gut geschmeckt hat wie in diesem Moment.
Wie ein Zaubertrank wirkte sie nach dem ersten Schluck. Das tat so was von gut. Nun wurde mir klar was mir beim Lauf gefehlt hatte.
Salz ! Bei diesem Klima, diesen Strapazen und Anstrengungen, wo man extrem viel schwitzt ist Salz das Nonplusultra.
O.K. habe ich mir gemerkt und werde es beim nächsten mal mitnehmen.
Am nächsten Morgen war ich schon wieder zu 50% hergestellt. Der Akku wurde dann auf dem Rückflug mit viel Essen und noch mehr Flüssigkeiten aufgefüllt. Am Anfang des Urlaubs habe ich ca.73 kg gewogen. Nach dem Lauf nur noch 65 Kilo. Zuhause angekommen immerhin schon wieder 67 und nun geht es gemächlich über die 70 wieder.
Das war er, der Kuala Lumpur Marathon 2016. was für ein Event, was für ein Erlebnis, was für eine Erfahrung !
Hier gibt es ein paar Bilder
Fidejo folgt demnächst.
Dess war`s :)
###
RANK 328
Official TIMING
04:42:38.28 Gun Time
04:42:20.73 Net Time
SPLIT TIME
5Km
00:28:15.79
10Km
00:55:32.01
15Km
01:23:35.69
20Km
01:50:47.72
25Km
02:20:30.64
30Km
02:53:39.44
35Km
03:33:23.36
40Km
04:22:16.78