Im Urlaub habe ich Zeit und schlendere durch die Einkauftrasse. Da ist eine Parfümerie, die kann ich ignorieren. Oh, da steht aber ein Schild: Am Sonnabend kommt jemand und erklärt Bartpflege oder wie man sich richtig rasiert. Ich geh rein, in die Parfümerie, die ich ignorieren wollte. Der denkende Mensch ändert seine Meinung.
Die Parfümerieberaterin gibt mir einen Termin für eine Beratung und eine Rasur. Bei einem richtigen Barbier, mit einem richtigem Messer. Kostenlos als Werbeaktion.
Tage später gehe ich wieder hin und gucke. Ein Mann lässt sich barbieren. Ich frage mich, warum im Hintergrund kein Rap läuft und von einem Rhabarberbarbarabarbarenbartbabier berichtet.
Abgesehen vom Barbier selbst war noch ein Kollege anwesend, der mir blumig erzählt, wie schön man sich rasieren oder gar rasieren lassen könnte. Ja, ist ne Werbeaktion. Meine Mutter hätte sich aber am Aussehen der beiden Herren gestört: Die sind da im dunkelblauen Anzug. Hey, die arbeiten die sollen n Kittel anziehen und die Ärmel hoch krempeln!
Genug gelabert, ich kann mich rasieren lassen. Also los. Der Stuhl ist recht unbequem, offensichtlich improvisiert. Nagut, muss ich mich mit Körperspannung halten und kann nicht entspannen.
Am Anfang mit Wärme arbeiten, am besten duschen (wenn man Warmduscher ist). Leider habe ich keine Dusche bei mir, also legt mit der Barbier ein nasses, heißes Handtuch aufs Gesicht. Die Nase bleibt frei, ich kann atmen. Der Barbier fragt nach dem Rasierschaum und hält mir nacheinander drei Dosen vors Gesicht. Ich soll nach Geruch entschieden. Naja, ist ne Parfümerie hier. Ich wähle den schwächsten Duft. Als er das Handtuch weg nimmt fühlt es sich plötzlich kalt an.
Er hat Schaum gemacht. In einer kleinen Schale. Sehr fester Schaum, das bekomme ich so nicht hin. Den Schaum verteilt er im Gesicht. In meinen, nicht in seinem natürlich.
„Wichtig ist, die Haut straff zu halten!“, erklärt er. Er rasiert mit sehr kleinen Bewegungen, es fühlt sich an als rasiere er 1cm und geht dann wieder zurück. Das erinnert mich eher an Hacken als an die Bewegung aus der Naßrasur-Fernsehwerbung.
Noch ein Hinweis: „Am Anfang warm, am Ende kalt.“ Er kühlt mich mit einem nassen Handtuch. Ich erkenne die Logik, jetzt ne Gänsehaut richtet die Bartstoppeln auf. Er rasiert, was er beim ersten Durchgang nicht gesehen hat.
Dann ist er mit seinem Werk zufrieden. Er liegt ein Handtuch über meine Augen und besprüht mich mit Rasierwasser. Ich bekomme einen Ausschlag. Er wird nervös. Das sei ja noch nie passiert. Er versucht es mit einem besänftigenden Gel. Die Haut beruhigt sich wieder etwas.
Dann nutzt er die Chance der Stunde, um mir super hautschonendes Mittel zu verkaufen. Ich lasse mich überreden (und natürlich ärgere ich mich hinterher darüber).
Und ich wundere mich, dass er einiges, was ich bisher für wichtig hielt, ignoriert hat:
Kein Abziehen des Rasiermessers an einem Streichriemen während der zwei Stunden, die ich dort war. Nein, mein Rasieren hat nicht so lange gedauert, ich hab vorher und danach zugeguckt.
Kein Rasieren mit der Bartwuchsrichtung und dann ein zweites mal entgegen.
Während des Rest des Tages riecht alles nach Aftershave-Gel. Auch mein Essen. Es nervt. Ich beschließe, zu duschen. Naja, wenn ich eh dusche, kann ich vorher Joggen.
Beim Duschen, etwa fünf Stunden nach der Rasur, merke ich leichte Bartstoppeln an einigen Stellen am Hals. Das enttäuscht mich dann doch.
Insgesamt eine interessante Erfahrung. Aber das brauche ich nicht nochmal.